Helens Welt: Ohne Punkt und Komma – vom Reden und Schweigen

Vielleicht zählt die Buchstabensuppe bei Mädchen nach dem Breialter bereits zum Lieblingsessen. Oder Mädchen lesen ab der Einschulung mehr als Jungen. Oder Jungen sind die besseren Zuhörer. Stopp, nein. Wir müssen realistisch bleiben.

Phänomene gibt es immer wieder. Ein sehr bekanntes davon: Frauen reden – und Männer schweigen. Oder haben nichts zu sagen. Oder kommen nicht zu Wort. Was auch immer: Frauen reden deutlich mehr als Männer, nämlich etwa dreimal so viel. Zumindest wird uns das seit Jahren Glauben gemacht. Aber ein deutscher Psychologe (ein männlicher) behauptet, dass beide Geschlechter etwa 12.000 Wörter am Tag quasseln. In einer Studie wurden knapp 400 Studenten aus den USA und Mexiko tagelang sozusagen undercover untersucht, um das Sprechverhalten nicht zu beeinflussen. Und da liegt ja vielleicht schon der Fehler: Wieso nur Studenten? Was ist zum Beispiel mit Hausfrauen/männern, HandwerkerInnen und RentnerInnen? Und wieso nur USA und Mexiko?

Also ich kann nur aus eigener Erfahrung berichten: Ja, wir reden viel. Und gerne. Aber es gibt ja auch tausend Themen und Dinge, die diskutiert, analysiert, bewertet und getratscht werden wollen. Und es ist ja auch kein Wunder, dass Konrad Duden den Duden nur geschrieben und nicht vertont hat. Wir reden nun mal deutlich mehr als Männer. Das können alle Männer aus dem Bekanntenkreis mit einem stummen Nicken bestätigen. Und meine Freundin Uschi mit einem „Ja, natürlich ist das so! Überleg doch mal, wie oft wir telefonieren und wenn wir uns über neueste Modetrends unterhalten. Habe ich dir eigentlich schon erzählt, was ich neulich sensationelles bei Halando entdeckt habe? Das ist der Wahnsinn …“ Oder die Bekannte Waltraud: „Du, davon habe ich auch gelesen! Das ist doch unverschämt, was die Männer alles an sich reißen. Die, mehr reden als wir, ha! Das ich nicht lache! Wenn ich Uwe frage, was er denn schon wieder hat, wenn er so verträumt in die Gegend guckt, und er nur ein „mmh, nix“ durch die Lippen presst – das ist doch DER Beweis!“ Oder die Freundin eines Freundes: „Es heißt ja auch DIE Sprache und nicht DER Sprache. Ist doch logisch, dass wir da auf der Überholspur sind. Deshalb heißt es ja auch DER Bierkasten. Da sind dafür dann die Männer ganz weit vorne dabei …“ Ach nee, is klar. Wer dann für DAS Bier und DAS Auto verantwortlich ist, will ich vielleicht gar nicht wissen. Und so geht es munter weiter.

Hätte ich bloß nicht gefragt. Zumindest nicht alle Frauen. Und die Moral von der Geschicht? Wer nicht fragt, bleibt wenigstens hörtechnisch unter sich. Buchstabensuppe ist heute aus.