Helens Welt: Herzlichen Glückwunsch, 29 a!

Beim Verlassen meiner Wohnung schaue ich noch einmal flüchtig auf den Wandkalender – und zucke innerlich zusammen. In fünf Wochen ist es soweit. Scheiße! Am liebsten würde ich weit weg fahren! Wieso nicht einfach in den Urlaub fliegen und das Unangenehme mit dem Nützlichen verbinden? Nein, es ist nicht der obligatorische „Schön-dass-ihr-auch-mal-wieder-zum-Essen-vorbei-kommt“-Sonntags-Termin bei Schwiegermutter in spe, der mir kalte Schauer über den Rücken jagt (obwohl …), sondern: Mein Geburtstag!

Aber nicht irgendein x-beliebiger, nein: Der 30. Geburtstag! In Worten: Dreißig! Welch eine Tragödie! Hat mich eigentlich mal jemand gefragt, ob ich das will? Meine über alles geliebte 2 in meiner Altersangabe hergeben? Natürlich nicht! Tom meinte letztens nur spöttisch, als wir über das leidige Thema sprachen: „Ach Schatz, in zwei Jahren hast du deine 2 ja schon wieder.“ Herzlichen Glückwunsch, selten so gelacht! Für eine Frau ist das Älterwerden an sich eigentlich nicht sooo schlimm. Also auf einer Skala von 1 bis 10 vielleicht die 7. Aber hallo! Wir reden hier vom 30. Geburtstag! Das bedeutet: Ich werde nun wirklich alt und gehe auf die 40 (kreisch!) zu.
Aber Frauen sind ja auch ganz schön erfinderisch: Meine Freundinnen fügen ihrem gemogelten Alter einfach hübsche Buchstaben hinzu. Somit werde ich genau genommen nicht 30, sondern 29 a. So sagte es Tina, die mittlerweile 29 i ist und dafür noch recht knackig aussieht.

Ich starte den Motor meines schnieken A5-Cabrios, schließe kurz die Augen und lausche dem Klang der 225 PS. Ich atme tief ein und aus und seufze – für ein Cabrio bin ich bald eh zu alt. Dann heißt es, ich fahre ihn nur, weil ich mich jung fühlen will. Will ich ja auch, verdammt! Es gibt aber durchaus noch mehr Veränderungen, an denen frau merkt, dass sie alt wird. Ab 30 sollte frau besser keine Miniröcke mehr tragen. Das Gerücht hält sich hartnäckig und stammt vermutlich von einem alten Mann, der sich tagtäglich mit jungen Hüpfern vergnügt und Schampus trinkt. Die Haare werden getönt oder besser gleich gefärbt, das hilft gegen graue Haare und sorgt für jugendlichen Glanz. Selbst an der Supermarktkasse wird frau enttäuscht: „Wollen Sie nicht meinen Perso sehen?“ habe ich den verdutzten Kassierer neulich kichernd gefragt, als ich eine Flasche Whiskey kaufen wollte. „Nee, nee, danke“, meinte er lachend. „Ich sehe schon, dass Sie bestimmt nicht unter 18 sind.“ Alkohol ist zwar keine Lösung, aber an dem Abend tat er sehr gut.

Und nach dem Hockey-Training letzte Woche hatte ich tatsächlich Muskelkater! Ich! Die Sportskanone, die Sprinterin des Teams. Gut, dass könnte daran liegen, dass ich von der neuen 21-jährigen Mitspielerin überholt wurde und es anschließend vielleicht ETWAS übertrieben habe beim Training. Na ja. Besser wäre ja eh, wenn ich mich zum Bauch-Beine-Po anmelde. Das war neulich die Aussage meiner Schwiegermutter in spe. „Du wirst ja auch nicht jünger, Kind“, meinte sie. „Denk doch mal an deine Knochen.“ In manchen Momenten wäre so ein Hockeyschläger ganz praktisch. Aber so große Handtaschen gibt es ja leider nicht.

Seufzend parke ich mein Auto vorm Büro. Auf dem Nachhauseweg muss ich unbedingt noch bei der Drogerie vorbei. Meine Q10-Anti-Falten-Creme (für die Männer: das ist kein neuer Audi) ist alle. Und bei der Gelegenheit kann ich auch noch mal nach dieser neuartigen Cellulite-Massagebürste gucken, die in der Werbung zwischen „The Swan“ und „Alt und schön“ kam. Vielleicht wäre ein kleiner Urlaub in fünf Wochen gar nicht so übel …